Nachdem sich mein duales Studium so langsam gegen Ende neigt & die Bachelorarbeit fertig geschrieben auf meinem Schreibtisch liegt, habe ich das Gefühl etwas zu den letzten 4 Studienjahren sagen zu können.
Doch fangen wir von Vorne an:
Warum überhaupt ein Duales Studium in Bayern machen?
Ich schreibe hier bewusst Bayern, weil der schöne Freistaat ja – wie so oft auch hier – gerne eine Extrawurst mag. Zum Beispiel läuft das duale Studium in Baden-Württemberg an der DHBW ganz anders ab & wird auch meinem Gefühl nach vermehrt angeboten. Doch der Grundgedanke ist gleich: Weniger Fachidioten an den Unis züchten & mehr Praxis in den Studienalltag bekommen. Viele Studiengänge, wie auch die Informatik, sind einfach ‚Learning by doing‘. & so sehr ich es auch innerhalb der ersten Semester anders versucht habe, weil ich mich gerne als ‚Theoriemensch‘ gesehen habe, ist es einfach die Erfahrung, die einem das Meiste fürs Programmieren bringt. Das war auch der Grund, warum ich mir innerhalb der ersten Semester sehnlichst gewünscht hätte vorher eine Fachinformatiker Ausbildung gemacht zu haben.
Wie sieht so ein Duales Studium aus?
Wer will kann natürlich auch beides – Ausbildung & Studium – nacheinander machen, oder beides miteinander verbinden durch das sogenannte Verbundstudium. Dabei werden Ausbildung im Betrieb & Studium miteinander verbunden, sodass man am Ende der Studienzeit einen gültigen IHK-Abschluss & ein Bachelorzeugnis in der Hand hat.
Die Alternative dazu bildet das Studium mit vertiefter Praxis – der Weg für den ich mich entschieden habe. Hierbei wird (in Bayern!) in den Semesterferien gearbeitet &, wenn der Betrieb es wünscht & der Stundenplan es zulässt, auch für eine gewisse Stundenzahl (meist 4-12h) unter dem laufenden Semester.
Eine gute Übersicht dazu bietet die Webseite von Hochschule Dual (https://www.hochschule-dual.de/).
Wie komme ich an ein Duales Studium in Bayern?
Das ist meist gar nicht so einfach. Viele Betriebe bieten das Duale Studium entweder bewusst gar nicht an, oder wissen nicht, dass es das gibt. Die Unternehmen, die das Duale Studium anbieten, haben die Stellen meist frühzeitig vergeben, weil die Stellen heißbegehrt sind. Viele direkt vom Gymnasium bewerben sich 1-1,5 Jahre vor Semesterbeginn, um eine solche Stelle zu bekommen – meiner Meinung nach ist das auch sinnvoll, wenn Du das vor hast! Denn ist die Stelle einmal vergeben, so wird in den seltensten Fällen nochmal die gleiche Stelle neu geschaffen für das kommende Jahr. Schnell sein lohnt sich!
Andererseits lohnt es sich auch hartnäckig zu sein & sich initiativ zu bewerben. Einfach mal nachfragen bei Unternehmen, die diese Stelle eigentlich nicht im Programm haben & sich nicht direkt nach der ersten Absage geschlagen geben.
Teilweise führen die Hochschulen auch eigene Listen mit Unternehmen, zu denen Kooperationsverträge geschlossen wurden. Hier die Liste der Kooperationspartner der Hochschule Augsburg: https://www.hs-augsburg.de/dual-studieren.html
Voraussetzung sind neben guten Noten & hoher Leistungsbereitschaft – du wirst weniger Ferien/Freizeit, wie deine Kommilitonen haben – auch Begeisterung für das Fach. Doch all das nützt nichts, wenn du charakterlich nicht ins Team passt, oder dem Personaler nicht auf irgendeine Art sympathisch bist.
Naja & generell: sei darauf gefasst, dass du keinen ausgetrampelten Pfad vorfinden wirst, sondern oft deinen eigenen Weg finden musst. Gerade offizielle Formulare (z.B. Versicherung) bieten oft kein Kästchen, in dem du den Haken ‚Duales Studium‘ setzen kannst – aber Du kriegst das hin!
Vorteile vom Dualen Studium
Das klingt jetzt alles recht viel Aufwand und nach Stress. Warum lohnt es sich trotzdem?
- Du bist ganzjährig angestellt & profitierst somit in voller Höhe von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Mitarbeitererfolgsbeteiligung, …
- Du bekommst ein regelmäßiges Gehalt, das dir dein Studium finanziert.
- Du kannst dir dein Studium selbst finanzieren & bist nicht auf Hilfe der Eltern, Mini-/Werksstudentenjobs, Erspartes, oder Kredite angewiesen.
- Du bekommst direkt während dem Studium einen Einblick, wie der Arbeitsalltag aussieht (statt z.B. zu Kellnern, was nichts mit Informatik zu tun hat).
- Du vertiefst das theoretisch erworbene Wissen der Vorlesungen, indem du es in Projekten anwendest.
- Du musst dir keine Sorgen um dein Praxissemester machen – Du bist verpflichtet das bei deinem Dualen Studienpartner zu machen.
- Du brauchst dir auch keine Sorgen um ein Unternehmen für die Bachelorarbeit machen – auch das findet dort statt.
- Je nach Vertrag werden teilweise die Semesterbeiträge (Studiengebühren) erstattet – doch meist gegen Bindung an das Unternehmen für eine gewisse Zeit nach Deinem Abschluss – entsprechend hast du dir dann sogar einen zukünftigen Arbeitgeber gesichert.
- Trotz, dass du in den Ferien arbeiten musst, hast du mindestens den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen – teilweise sogar noch mehr. Bei 3 Monaten effektiver Arbeitszeit in den Semesterferien sind das dann nur noch 2 Monate pro Jahr.
- Je nach Unternehmen kannst du auch davon profitieren, dass es in unterschiedlichen Ländern agiert. Dadurch konnte ich mein Praxissemester & meine Bachelorarbeit beim Tochterunternehmen in der Schweiz machen.
- Für mich war es auch immer ein Ansporn für bessere Leistungen, nachdem nach jeder Prüfungsphase die Noten an den Ausbildungsleiter übermittelt werden mussten.
- Du zahlst bereits frühzeitig in die Kassen ein (Arbeitslosen- / Rentenversicherung) & kannst somit eher von den Leistungen profitieren.
- Du sammelst Berufserfahrung & kannst dir ein kleines Portfolio aufbauen, was für einen attraktiven Lebenslauf sorgt.
- Du erlebst den Büroalltag mit allen Höhen & Tiefen & lernst frühzeitig mit bestimmten Situationen oder Personen umzugehen.
Vorteile für das Unternehmen?
Das klingt jetzt alles so, als ob der Student sich wahnsinnig glücklich schätzen kann & als ob das alles nur zu Lasten/Kosten des Unternehmens geht. Doch warum lohnt sich das System auch für die Unternehmensseite?
- Man kauft die Katze nicht im Sack. Man weiß, wen man vor sich hat nach dem Studium & kann sich bewusst dafür oder dagegen entscheiden denjenigen weiter zu beschäftigen.
- Frisches Know How direkt von der Quelle. Auch ältere Kollegen können von dem Studierenden lernen & sich inspirieren lassen.
- Junge Leute bringen frischen Wind ins Team – motivierte duale Studenten sind gute Arbeitnehmer & lernwillig.
- Werbung an der Hochschule & Nennung auf der Hochschulwebseite.
- Weiterempfehlung durch den Studenten – Mundpropaganda.
Meine Learnings der letzten 4 Jahre?
Was konnte ich aus dieser Erfahrung mitnehmen?
- Sei mutig auf deinem eigenen Weg & hab keine Scheu nachzufragen. Das Duale Studium ist in Bayern noch nicht so weit angekommen, dass jeder darüber bescheid weiß. Mal ist man daher Azubi, mal Studi, mal Arbeitnehmer. Das kann sich aber überall unterscheiden. Also frag nach! Falsche Angaben können teuer werden.
- Sei dankbar. Kommilitonen haben teilweise 3-4 Nebenjobs gemacht, um sich über Wasser zu halten. Mit dem dualen Studium hat man die optimale Integration von Praxis zum theoretischen Studienalltag & kriegt sogar noch was dafür.
- Lies den Vertrag genau! Verkaufst du da gerade deine Seele für die nächsten 2 Jahre? Ist die Bezahlung fair? Wie viel musst du tatsächlich arbeiten & passt das in den Studienalltag wirklich rein?
- Nimm alle Vorteile mit, die dir das Unternehmen bietet. So bequem kommt man z.B. selten ins Ausland.
- Wenn man tatsächlich nur in den Semesterferien arbeitet, verbringt man lange Zeit außerhalb des Unternehmens. Für die Teamdynamik ist das eher nicht gut. Versuche privat den Kontakt zu Kollegen zu halten, oder dafür, dass du sobald du wieder auftauchst schnell wieder Anschluss findest.
- Streng dich an! Fällst du im Studium durch, so verlierst du auch deinen dualen Partner. Teilweise ist daran noch zusätzlich geknüpft, dass du einiges an Geld an das Unternehmen zurückzahlen musst!
Alles in allem: ich würde es wieder machen. Beziehungsweise habe ich schon meinen Vertrag für den dualen Master. Ich finde, dass es mit zu vielen Vorteilen verbunden ist, als es nicht zu versuchen – auch wenn der Weg zur erfolgreichen Bewerbung manchmal etwas länger ist. Doch gerade für Informatik ist die Praxis unverzichtbar.
Wenn du es wirklich willst, ist es auf jeden Fall machbar!
Viel Erfolg, wenn du es versuchst!
Oder hast Du bereits Erfahrungen mit dem dualen Studium gemacht?
Ich würde mich freuen davon zu hören in den Kommentaren!

2 Comments
Danke für den Beitrag 🙂
Sehr informativ !!
Sehr gern Linda! Viel Erfolg, wenn du ein duales Studium anfängst! 😉